Tief verbunden
sein
Ich lese gerade ein Buch von Diane Pool Heller: Tief
verbunden.
Sie beschreibt darin wie wichtig es ist, dass wir
als Kind ein tiefe Beziehung zu unseren Bezugspersonen (idealerweise
unsere Eltern) eingehen. In kritischen Situationen helfen uns unsere
Eltern, dass wir unser Nervensystem wieder regulieren können. So lernt
das Nervensystem durch den direkten Empfang von Informationen seitens
der Bezugspersonen mitzuregulieren, und diese Regulation bestimmt
darüber, wer wir auf neurologischer Ebene sind. Wir brauchen den
Haut-zu-Haut-Kontakt, liebevolle Blicke und Lächeln, rhythmische
Kommunikation von Herzschlag zu Herzschlag.
Die Eltern bewirken
sozusagen eine Koregulation des Kindes. Im Erwachsenenalter sind das
unsere Freunde und Partner, die uns helfen, dass wir in kritischen
Situation wieder heilen können.
Wenn nun jemand nicht das Glück
hatte in einem Elternhaus aufzuwachsen, wo auf die Bedürfnisse des
Kindes eingegangen wurde, dann ergeben sich daraus Bindungsstörungen,
die bereits John Bowlby in den 1940er Jahren beschrieb.
Diane
Pool Heller geht auf die einzelnen Bindungstypen ein und bezieht sich
immer wieder auf das erlebte Trauma seitens der Bezugspersonen und des
Kindes, sowie auf die Gehirnforschung.
Sichere Bindung: Das ist der Bindungstyp in einer
idealen Situation. Menschen mit sicherer Bindung wuchsen gewöhnlich auf
mit viel Liebe und Unterstützung von durchweg empfänglichen
Bezugspersonen. Als Erwachsene stehen sie mit anderen im wechselseitigen
Verhältnis und stellen zu ihnen gesunde, fruchtbare Beziehungen her. Sie
fühlen sich wohl, ob in der Verbindung oder allein, können flexibel
denken, zahlreiche Möglichkeiten wahrnehmen, kommen mit Differenzen klar
und lösen Konflikte ohne großes Drama. Sie sind fähig, die Liebe
anderer anzunehmen und mühelos zu verzeihen.
Vermeidende Bindung: Menschen mit diesem
Bindungstyp haben die Neigung, Intimität von sich fernzuhalten oder die
Wichtigkeit von Beziehungen herunterzuspielen. Sie wurden immer wieder
vernachlässigt: als Kinder zu oft allein gelassen, von ihren
Bezugspersonen abgewiesen. Ihre Eltern waren nicht präsent genug (oder
nur dann, wenn sie ihnen irgendeine Aufgabe stellten). Solche
ausweichenden Personen haben ihr Bindungssystem teilweise unterbrochen,
seine Funktionen gedrosselt. Daher ist es für sie äußerst
wichtig, auf sichere und gesunde Weise wieder die Verbindung zu anderen
zu knüpfen.
Ambivalente Bindung: Menschen mit ambivalenter
Bindung machen sich häufig Sorgen darüber, ob ihre Bedürfnisse gestillt
werden oder ob sie sich als geliebtes beziehungsweise liebenswertes
Wesen sicher fühlen können. Ihre Eltern mögen ihnen Liebe
entgegengebracht haben, aber in der Kindheit wussten sie nie, wann jene
sich ablenken lassen oder ihnen gar den Teppich unter den Füßen
wegziehen würden. Ihre Fürsorge war nicht vorhersehbar und erfolgte
auffallend unregelmäßig. Für ambivalente Personen haben
Beständigkeit, Zuverlässigkeit und Bestätigung höchste
Priorität.
Desorientierte Bindung: Dieser Bindungstyp ist
durch ein Übermaß an Angst gekennzeichnet, und das Bindungssystem steht
im krassen Widerspruch zu dem Instinkt, Bedrohungen heil zu überstehen.
Wenn ein Kind angespannt, krank oder verängstigt ist, sucht es
naturgemäß Trost und Schutz bei einem liebevollen Elternteil. Aber was
macht es, wenn ebendieser Elternteil eine Quelle der Angst und des
Kummers ist? Desorientierte Personen sind häufig emotional
fehlreguliert, plötzlichen Stimmungswechseln unterworfen, innerlich
gespalten und abwesend. Da sie schon auf die geringste Störung
empfindlich reagieren, ist es in ihrer Lage das Wichtigste,
wieder einen ausgeprägten Sinn für Regulation und relative
Sicherheit zu entwickeln.
In den nächsten Rundbriefen werde ich detaillierter auf die
einzelnen Bindungstypen eingehen. Diane Pool Heller gibt uns Hinweise,
wie wir trotz schwieriger Beziehungen in unserer Kindheit zu mehr
Verbundenheit und somit zu mehr Lebensqualität kommen
können.